Als ich 1909, mitten im Frieden, mit einer elterlichen Leidenschaft, in einem Bett, das zur einen Hälfte in Italien und zur anderen Hälfte in Österreich stand, gezeugt wurde, also meine Zellteilung begann, konnte sich keiner vorstellen, daß ich 100 Jahre später immer noch auf diesem Planeten verweile.
Aus dem leidenschaftlichen Anfang wurde ein bewegtes Leben - mit Freud und Leid, Krieg und Frieden.
Meine Mutter ward Schwanger, als sie von Ihrer Reise mit meinem Vater aus dem herrlichen Südtirol nach Schloß Zeil zurückkehrte.
Sie war überglücklich, Ihrem Gatten, dem Herrn Forst- und Domänendirektors der Standesherrschaft Waldburg-Zeil Trauchburg ... endlich den langersehnten Sohn schenken zu dürfen. Anstalten, der Sohn zu werden, machte ich bereits in den ersten Entwicklungsstadien. Meine Mutter erzählte später, ich hätte Fußball gespielt.
Nun nahte der Herbst 1910 - die Niederkunft eines kleinen Buben wurde erwartet. Als mein Taufpate fand sich Baron Raimund Fugger aus Rot bei Laupheim ein.
11. August - die letzten 5 Minuten des Tages - mein erster Kampf ums Überleben begann. Alle glaubten ich wäre Tod, gab aber kurz nach Mitternacht die ersten Lebenszeichen von mir.
Nun war ich da, klein, zierlich, unbeholfen - aber ein Löwe - und gleich im Mittelpunkt der Gesellschaft. Fehlte da nicht eine Winzigkeit, das saudämliche Stück, das die Patenschaft des Baron Fugger ermöglichen sollte. Ja es war nicht da. Zum Leidwesen aller beteiligten. Später stand ich vor einem Spiegel und sah genau, wo man es mir herausgerissen hatte.
Also wurde nichts aus der adeligen Patenschaft.
Mit zarten Alter von zwei Jahren ungefähr bis vier, verbrachte ich dann sehr viel Zeit in Rot bei Laupheim im Fuggerschloß, der heutigen Villa Rot. Die Gattin des Baron Fugger Fürstin Sulkovska, erfreute sich meiner und wollte mich adoptieren. Meine Eltern streubten sich, so kam ich mit 4 einhalb Jahren in die Kinderschule in Schloß Zeil.
Zwischenzeitlich mußte mein Vater am 1. August 1914 in den Krieg. er nahm seine zwei Pferde mit, von dem eins in den Kriegswirren umkam. Also ich in der Kinderschule , die Mutter daheim und der Vater im Krieg.
An diesen Tag, den 1. August kann ich mich noch gut erinnern, wie die Männer fortgegangen sind und die Frauen allein liesen. Viele der Mäner kamen nie mehr zurück.
Als die Töchter der Fürstenfamilie nach Lindau zu den englischen Fräulein ins Internat kamen, wurde ich auf Wunsch der Fürstin auch dorthin geschickt. Es war eine schwere Zeit, dort weit weg von allen Bekannten, von dem geliebten Schloß Zeil und meiner Mutter. In Lindau wuchs ich heran und wurde zur Frau.
Dann kam die Zeit, die meinen Eltern Millionem kosten sollte. Die englischen Fräulein haben in drei Monaten fast fünfzig Miilionen Mark in Rechnung gestellt. Inflation! Da mein Vater einen guten Posten hatte, haben wir die Zeit relativ gut überstanden.
Nun begann das Berufsleben, Ausbildung als Pharmazeutische medizinsche Assistentin, dann Aufnahmeprüfung in die Kunstschule München, und schließlich Ausbildung zur wissenschaftlichen Chemikerin Zellulosechemie in der Zellstoff-Fabrik Baienfurt. 1933 - Schicksalsjahr.
Ich hatte immer lose Gosch. Dadurch haben meine nahen Verwandten geraten, unter anderm der Vetter meiner Mutter - Eugen Bolz - Staatspräsident von Württemberg, daß ich das Land verlassen soll.
Da eine der Fürstentöchter nach England ins Kloster ging, war mein dahin auch schon vorbereitet. Ins st. Maries Convent nach London. Eine schöne Zeit, Zeit für Muße und Studium. Bis zu dem Tag, als die Schwester Oberin fragte: " Anna willst Du nach Afrika oder Südamerika in die Mission?"
Und Aus wars mit dem Klosterleben. Ich verließ London und fand in Schottland bei den Livingstons eine au pair Anstellung. Da ich au pair war, hatte ich als Erzieherin Ihrer Tochter einen kleine Familienanschluß. Ich durfte auf den Ausflügen dabei sein, ich War zu Tisch mit den hohen Herrschaften. Aber immer wenn etwas besprochen wurde, dann in keltisch. es dauerte knapp drei Monate, dann verstand ich schon die Hälfte der gesprochen Worte. Als Sie Alexander Livingston dies bemerkte band er mich noch tiefer in die Familie mit ein. Eines Tages benutzte ich den Flügel, um meine Finger in Übung zu halten und die Livingston hörten überascht zu. Ich hatte damals Konzertreife im Klavierspiel.
Jetzt durfte ich ich aus meiner Heimat und meiner Person erzählen. Als die Sprache auf meine wissenschaftliche Ausbildung als Chemikerin kam, wurde Sir Aleander Livingston hellhörig. Hatte er doch in den letzten Monaten seinen Sohn in "out-east" verloren, und es gab keine Nachfolge für die großen Papier- und Zellstofffabriken. Es wieder einmal von Adoption de Rede, diesmal nicht wegen meiner zierlichen Kindheit, sondern wegen meiner beruflichen Qualifikation und meiner Anständigkeit.
Doch daraus wurde nichts. Sollte ich meinen katholischen Glauben ablegenund der anglikanischen Kirche beitreten. Aus wars. Ich ging wieder nach London und verbrachte dort die zeit mit meinem Kunststudium und ein paar kleineren Tätigkeiten.
Und wieder war die Zeit um. Deutschlandkrise, alle redeten vom Krieg gegen Deutschland.
Nach Deutschland konnte ich mommentan nicht zurück, wegen meiner losen Gosch. Aber mir Nahe gelegt, als Deutschin England zu verlassen. Mit einer italienischen Adelstochter, verließ ich England 1937 und folgte ihr an die Rivera, nach Ventimiglia. Auch dort war ich au pair, in die Familie integrierte Hauslehrerin und Erzieherin.
Die Zeichen standen wieder gegen mich, der Adel war fast pleite und ich änderte mein Mundwerk und ging Mitte 1938 zurück nach Schloß Zeil - zu meinen Eltern.
Freude und Mitleid zeigten mein Eltern. War nun doch schon 28 und hatte keinen Ehemann. EIgentlich wollte ich keinen - oder doch. Ich war immer umschwärmt, aber von Liebe und Zuneigung hatte ich keine Ahnung (erst fünfzig Jahre später sollte ich erfahren ).
Dann kam er - groß kräftig gebaut - Paul Zimmermann - Leistenfabrikant aus der Geburtsstadt meiner Mutter; Weil der Stadt. Die Fabrik ist dann im Krieg abgebrannt.
Also dieser Paul Zimmermann war schon elegant in seiner Erscheinung. Er warb um mich und ehe ich bis drei zählen konnte war ich auch schon verlobt. Das dies geschickt von den beiden Müttern (Schulfreundinnen) eingefädelt wurde habe ich erst Jahrzehnte später erfahren. Also nichts wie ran - die Hochzeitstand an.
Die zeichen an unserem Hochzeitstag habe nicht richtig gedeutet.Also wir, die ganze Hochzeitgesellschaft war auf dem Weg nach Beuron um Zege zu sein wie ich meinemPaul Zimmermann in der Klosterkirche das Jawort gebe.
Weit gefehlt; auf halben Weg erreichte uns die Botschaft - Krieg - der Krieg sei ausgebrochen.
Hochzeit verschoben. Als der Blitzkrieg in Polen zu Ende war. haben wir es erneut gewagt, das Spiel mit der Liebe. Hochzeit in Stuttgart - Hotel Marquart - die Hochzeitsnacht endete für mich bei der Kriminalpolizei.
Die klösterliche Erziehung forderte ihren Tribut. Was da geschah, wagte ich in meinen künsten Träumen nicht sehen. Auf alle Fälle begann dann der Weltkrieg - Frankreich, Jugoslawien, Russland, Japan, China, usw. und in meiner Ehe. Hatte ich doch einen Mann geheiratet, der unter politischer Verfolgung litt. Das war für mich in Ordnung, bis zu dem Tag, als er mir die Erlaubnis gab, mit anderen Männern Kinder zu zeugen. Da s war dann auch meiner Mutter zu viel und ich reichte die Scheidung ein.
Er ging nach Russland in den Krieg und ich wurde von meinem Schwager dem stellvertretenten Gauleiter in Wangen an die Front nach Italien beordert. Nach Udine zur Heeresleitung Adriadisches Küstenmeer.
Dort hatte ich viele Aufgaben, unter Männer zu bewältigen. Ich war fast ein Soldat, ohne Waffen. In meinen Ruhezeiten ging ich den männlichen Soldaten aus dem Weg, indem ich in den beiden Lazaretten - ein deutsches und ein italenisches - mich als Rotkreuzschwester anbot. Das Häubchen mit dem roten Kreuz habe ich heute noch in meiner Lebenssammlung.
Ein paar mal war richtig Krieg dort ind dem schönen Udine. Einmal warf mich die druckwelle einer Granate zu Boden, ein andermal bombadierten die Amerikaner (späteren Siegermächte) aus versehen das italienische Lazarett anstatt dem Deutschen, in dem mich gerade befand.
Zum Ende des Krieges als die front vor uns lag, zog man mich bewußtlos, wieder durch eine befreundete Granate, in den privaten Bunker des Bischoffs von Udine. Als dieser erfuhr, wer mein Vater ist, und wo ich geboren ward, hatte ich freien Zugang zu den Schutzräumen. So überlebte ich die weiteren Luftangriffe unserer Befreier. Die Front hatte uns überrollt und wir mußten den Rückzug antreten. In Österreich kamen wir in russische Gefangenschaft, und ich musste mitansehen wie Frauen entehrt wurden. Als ich an die Reihe kam, fragte ich den russischen Soldaten, als er sich seiner Beinkleider entledigte, in seiner Heimatsprache, was wohl seine Mutter dazu sagen würde wenn sie wüsste was ihr Sohn tut. Das war meine Rettung, ein Offizier der Russen hörte meine Worte und zog den Soldaten von mir weg. Ab diesem Zeitpunkt wurden keine Frauen mehr geschändet - zumindest in unserer Gruppe.
Dann kamen die Aussonderer - jeder wurde befragt, wo er daheim ist. Schnell bekam ich mit, das Volksdeutsche aus dem alten Reichsgebiet in den Osten transportiert werden. Als ich an der Reihe war, sagte ich unverholen; Ii bii va Dooaarbieraa. Der Dialekt war vollkommen. Die anwesenden Koloborateure aus Österreich, die mit den russischen Truppen zusammenarbeiteten haben mich als echten Österreicher erkannt. Ii bii va Dooaarbieraa - für die Nordlichter: Ich bin aus Dornbirn.
Nun wollte ich nur nach Hause, nach Hause zu meinen Eltern nach Schloß Zeil.
Überall Truppen - französische und russische. Nur Nachts konnte ich den Weg bewältigen und ereichte nach 11 entbehrungsreichen Tagen Schloß Zeil. Meine Eltern konnten es kaum glauben, hatten Sie schon eine Ehrentafel wnfertigen lassen: Für F.... Volk und Vaterland den Heldentod gestorben.
In mein Bett konnte ich nicht. Da lag bereits ein katholischer Priester - Offizier der französichen Armee.
Meine Eltern erzählten mir, das meine Scheidung jetzt in diesen Tagen ohne verhandlung überdie Bühne geht, da die fremden Truppen die ersten Gerichtsbebäude beschlagnehmen. So nahm meine Ehe und der Krieg ein Ende.
Der Priester aus meinem Bett, sagte ich könne nicht in Schloß Zeil bleiben, da ich sonst in Gefangenschaft müßte. Er half mir zur Flucht in die amerikanische Zone indem er mich in einem Hundekäfig über die Zonengrenze brachte.
Das wars fürs erste. Fast 35 jahre in Kurzfassung.demnächst mehr.